mitkollektiv
Katie
00:00:00
Cool.
Karen
00:00:06
Hi, Katie. Mein Name ist Karen.
Katie
00:00:12
Hi, Karen, mein Name ist Katie, und wir werden darüber sprechen, was "brave space" für uns bedeutet.
Karen
00:00:23
Ja, wir haben gerade darüber gesprochen, dass der "brave space" ein Begriff ist, der aus dem Bildungskontext für soziale Gerechtigkeit in den USA kommt; dass er ins Deutsche als "mutiger Raum" oder ins Spanische als "espacio valiente" übersetzt werden kann. Aber eigentlich wird der englische Begriff verwendet, den Brian Addo und Kristie Clemens 2013 in den USA geprägt haben.
Katie
00:01:03
Er stammt aus der Bewegung der Social Justice Educators (1), die kritisierten, dass es sehr unterschiedliche Auffassungen zur Bedeutung von "safe space" oder "safer spaces" gibt. Wird darunter ein emotional sicherer Raum verstanden? Ist damit ein physisch sicherer Raum gemeint? Und – kann eine solche emotionale Sicherheit für andere überhaupt gewährleistet werden? Wir können darauf hoffen, dass wir eine physische Unversehrtheit für andere gewährleisten können, aber selbst das nicht in jedem Fall. Das hängt vom jeweiligen Arbeitskontext ab. Und deshalb hat sich dieser Brave Space aus der Bewegung der Social Justice Educators, entwickelt. Und worum es dabei geht...es gibt ein paar Kernelemente. Eines der Elemente, das ich wirklich sehr wichtig finde, ist dass meine Absichten und Auswirkungen meiner Handlungen zu mir gehören. Es geht also darum, anzuerkennen, dass meine Absichten und ihre Effekte auf mich selbst zurückzuführen sind. Mit meinen Absichten und dem, was sie auslösen (können), geht eine Verantwortung einher. Meine Absichten mögen vielleicht nicht mit ihren Auswirkungen übereinstimmen. Ich kann ein Gefühl haben – lass es eine Situation sein, in der ich mich über etwas sehr aufrege. Diese Emotion kann wiederum eine sehr negative Auswirkung auf jemand anderen haben oder jemand anderen wirklich verletzen. Das war dann vielleicht nicht meine Absicht, aber es ist passiert, und ich kann das anerkennen und akzeptieren.
1) Dieser Begriff wird auf Englisch verwendet, weil er nicht einfach mit „Sozialer Gerechtigkeit“ übersetzt werden kann. Im Unterschied zu dieser deutschen Übersetzung umfasst der Begriff Social Justice „eine Forderung und Förderung von Anerkennungsgerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit und bleibt damit als Eigenbezeichnung“ unübersetzt.“ kulturshaker.de/paedagogik-der-begegnung/machtkritische-ansaetze/social-justice/ [10.5.2021]
Karen:
Ja.
Katie:
Es gibt so etwas wie einen Streit darum, was Höflichkeit dabei für eine Rolle spielt. Ich würde so nicht darüber sprechen.
Karen:
Ich auch nicht.
Katie:
Aber ich verstehe das so, dass wir Unterschiede im Raum anerkennen. Und Unterschiedlichkeit ist in Ordnung, wenn wir mit dieser achtsam umgehen [...] “caring for conflict“ also ein sorgsamer Umgang mit Konflikten, ist ein Begriff, der hier in Berlin oft dafür verwendet wird, dass auf eine Ausgewogenheit geachtet wird. Dass die unterschiedlichen Meinungen akzeptiert werden. Und ein weiterer Punkt, der für mich dazu gehört, ist, die Wahl zu haben, wem oder was ich mich aussetzen will. Ich muss also nicht in einem Gespräch sein, das ich schwierig finde, oder das mich auf eine Art und Weise aufregt, die ich in dem Moment nicht haben möchte. Ich denke, das ist sehr wichtig, denn ich glaube, dass wir in Räumen, in denen wir zusammenarbeiten, oft verärgert sind oder Menschen verärgern, ohne es zu wissen, und dass wir in der Situation verharren und fortfahren. Und dann bitten wir die Person, die sich aufgeregt hat, die getriggert wurde, die verletzt wurde, die oft die am meisten marginalisierte im Raum ist, den Leuten, die sie verletzt haben, zu erklären, warum. Und manchmal ist das Mutigste, einfach zu gehen und eine Erklärung anzubieten, wenn diese Person dazu bereit ist. Also das zuzulassen.
Karen
00:04:21
Ja, und wir...sprich weiter.
Katie
00:04:27
Nein, nein, sprich du weiter.
Karen
00:04:29
Nein, es ist nur so – wir haben auch festgestellt, dass ein sehr wichtiges Element eines mutigen Raumes ist, dass es keine Angriffe gibt. Du gehst also in einen Raum und weißt hoffentlich, dass du Angst vor Herausforderungen hast. Das ist in Ordnung, aber Du lässt dich nicht von der Angst vor Konflikten beherrschen. Und Du bist Dir Deiner Position, der Asymmetrien von Privilegien und unverdienten Privilegien bewusst. Aber es gibt eine Vereinbarung darüber, dass sich Personen nicht absichtlich Schaden zufügen wollen. Das ist es, was wir besprochen haben.
Katie
00:05:18
Ja, absolut. Und dann ist da noch das Wort Respekt, das in so vielen pädagogischen Kontexten verwendet wird und oft wirklich missbraucht wird. Aber ich denke, es ist wichtig, es zu benutzen und zu versuchen, wirklich zu definieren, was das bedeutet, und dass es etwas ist, das wir alle in einem Raum füreinander tun wollen und erwarten und die Persönlichkeit und die Unterschiede des anderen respektieren. Das sind also die grundlegenden Elemente eines mutigen Raums. Und ich denke, der Unterschied zwischen dem mutigen Raum und dem sicheren Raum ist, dass der mutige Raum anerkennt, dass Unterschiede und Schaden in einem Raum verursacht werden können, und ich denke, dass das für mich sicherer wird, wenn wir anerkennen, dass es Unterschiede gibt und dass wir alle das Potenzial haben, einander zu verletzen, aber wir versuchen, es nicht zu tun und wir hören zu, wenn wir es tun. Dass dadurch hoffentlich ein Raum entsteht, in dem Menschen lernen und wachsen und neue Dinge ausprobieren können, in dem sie im Mittelpunkt stehen und dafür einstehen, was sie tun und wie. Ja, deshalb ist es ein Bildungsmodell für „social justice“. Dann wollten wir ein wenig darüber sprechen, warum wir diesen Begriff verwenden, warum wir ihn wichtig finden. Und ich glaube, vorhin, Karen, hast du viel über die Perspektive als Künstlerin gesprochen und warum das so ist, und ich frage mich, ob du jetzt mehr darüber sagen möchtest.
Karen
00:07:01
Ja. Denn sich Positionionalitäten, Perspektiven und Privilegien bewusst zu sein, war nicht Teil meiner Ausbildung als Künstlerin in der westlichen Welt, um es mal so zu sagen. Und dazu kommt, dass Menschen, die aus privilegierten Verhältnissen kommen – und ich erkenne an, dass auch ich dazu gehöre – nicht über das Instrumentarium verfügen, um mit diesen Anforderungen umzugehen. Es ist also einfach wichtig, dass wir voneinander lernen und uns den Herausforderungen stellen, die das Brave-Space-Konzept mit sich bringt.
Katie
00:07:53
Denn ich denke, wenn man schon oft angefochten wurde, dann ist das vielleicht eine Fähigkeit, die man schon entwickelt hat oder für die man andere Worte hat. Und ich denke, ein Teil davon, warum ich den Begriff "Brave Space" gerne verwende, ist, dass er einen Ausdruck anbietet, um Fähigkeiten anzuerkennen, die vielleicht schon in einem Raum vorhanden sind. Dass es vielleicht eine Sichtbarkeit für die Arbeit gibt, die stattfindet. Denn diese Arbeit findet sowieso statt, auch wenn man nicht darüber redet. Und ich denke, das ist es, was oft in der Kultur, im Klima, im Bildungsklima passiert. Diese Leute, die unsichtbare Arbeit leisten, existieren einfach in einem Raum, den andere Leute gar nicht wahrnehmen. Und deshalb finde ich es wichtig, diese Arbeit anzuerkennen und Raum für verschiedene Bewältigungsstrategien zu geben. Oder einfach hervorzuheben, dass diese Dinge passieren.
Karen
00:09:04
Ich stimme zu. Ja, also ich freue mich darauf, gemeinsam einen Workshop zu geben. Das ist ein Begriff, den wir jetzt in unserer Arbeit verwenden, aber wie alle Begriffe, sind sie nicht heilig. Wir müssen sie anwenden. Wir müssen weiter mit ihnen arbeiten. Und vielleicht wird auch ein anderer Begriff von anderen Menschen geprägt, die durch ihre Arbeit Widerstand leisten, den wir in Erwägung ziehen müssen.
Katie
00:09:40
Ja, danke, Karen.
Karen
00:09:42
Vielen Dank, Katie.