Danja Erni
Die Publikation re-visionen umfasst einen gedruckten Teil mit dem Titel re-visionen n°1. KontextSchule 2014–2021 und einen Online-Teil mit dem Titel re-visionen n°2. Materialien für plurale Lernprozesse an der Schnittstelle künstlerischer und politischer Bildung. Dies ist der Einführungstext zum ersten Teil, dem Print-Teil, der Publikation.
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Der vorliegende Band ist der erste Teil der Publikation re-visionen. Diese erscheint in einer gedruckten Fassung mit dem Titel re-visionen n°1. KontextSchule 2014–2021 und in einer Online-Fassung mit dem Titel re-visionen n°2. Materialien für plurale Lernprozesse an der Schnittstelle künstlerischer und politischer Bildung. Darin sind Beiträge von Akteur*innen versammelt, welche im genannten Zeitraum an der Fortbildung KontextSchule oder am Festival Platz für Diversität!? beteiligt waren – im Team, im Beirat, als Teilnehmer*innen, Gäst*innen, Kooperationspartner*innen oder Workshop-Verantwortliche. Die Beiträge verorten sich jeweils in einer der drei Rubriken Kontextualisierende Texte, Situierte Übungen und Umkämpfte Begriffe. Alle Beiträge erscheinen in der Online-Publikation. Schwerpunkt der vorliegenden Print-Publikation bilden die Rubriken Kontextualisierende Texte und Situierte Übungen.
Während die Kontextualisierenden Texte eher der Dokumentation und Reflexion der bisherigen Arbeit im Rahmen der Fortbildung und des Festivals dienen, legen die Situierten Übungen ihren Schwerpunkt auf den Praxisbezug und stellen diskriminierungskritische, bzw. empowernde Vermittlungsansätze vor. Die Rubrik Umkämpfte Begriffe will für den Zusammenhang von Sprachen/Bildern und Macht sensibilisieren. Sie ist eine Fortführung des in der KontextSchule 2016–2018 begonnenen Glossar der Vielstimmigkeit.
Der Idee zum Glossar liegt die Beobachtung zugrunde, dass Künstler*innen und Lehrer*innen, die im Rahmen der KontextSchule zusammenarbeiten wollten, sehr unterschiedliche Verständnisse zentraler »Containerbegriff[e]« (Diallo/Erni 2018: 124) mit in die Fortbildung brachten. »Darunter verstehen wir jene Bezeichnungen, unter denen divergierende Konzepte und Ansprüche zusammengefasst werden« (ebd.). Dazu gehören Begriffe wie ›Kunst‹ oder ›Bildung‹, aber auch das Verständnis dafür, dass diese Begriffe in gesellschaftliche Machtverhältnisse eingebettet sind. »In der Regel werden diese Unterschiede in der Zusammenarbeit zwischen den Akteur*innen im Feld nicht verhandelt und wirken deshalb unausgesprochen in diese hinein« (ebd.). Während der KontextSchule 2016–2018 bildete sich eine Glossar-Gruppe, welche diese unterschiedlichen (sprachlichen) Informiertheiten als wesentliches Strukturierungsmerkmal für eine Kooperation zwischen Künstler*innen und Lehrer*innen ernst nehmen wollte.
Die Vielstimmigkeit, nach der das Glossar sucht, soll sich auch in den re-visionen abbilden – perspektivisch, medial, ästhetisch und stilistisch. Zentrales Anliegen der Publikation ist denn auch, das Zusammenlesen der unterschiedlichen Beiträge als eine mögliche Annäherung an die Komplexität kollaborativer Arbeit an der Schnittstelle Kunst, Bildung und Aktivismus anschaulich und fassbar zu machen. re-visionen trägt dem Umstand Rechnung, dass diese Arbeit eine fortwährende ist, die immer wieder re-vidiert und neu justiert werden muss, bei der es ›Inkubationszeiten‹ bedarf, also Phasen, in denen sich etwas setzen und reflektiert werden kann. Aber auch, dass es plurale Angebote für plurale Lernprozesse (Diallo/Erni 2017) braucht – gerade, wenn es um die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnissen geht.
An der Schnittstelle kultureller und politischer Bildung ist in den vergangenen Jahren über den gemeinsamen Nenner Dis-kriminierungskritik ein wachsender Bedarf nach Austausch zu Praxis entstanden. Fortbildung und Festival haben Gelegenheit geboten, zahlreiche und diverse Akteur*innen aus diesen Bereichen zusammenzubringen. Eine Vielzahl an Arbeitsweisen zur Entwicklung und Vermittlung machtkritischer Fragestellungen zwischen Kunst, Bildung und Aktivismus konnten von 2014 bis 2021 im Rahmen von Projekten, Unterrichtsreihen, Workshops und Online-Formaten gemeinsam erprobt werden. Es hat sich ein Netzwerk gebildet, das über ein immenses Repertoire an vielstimmigen Praxiserfahrungen mit der dazu gehörigen Selbstreflexivität für kontextspezifische, aber auch kontextübergreifende Merkmale und Bedingungen von Prozessen des (Ver-)Lernens an der beschriebenen Schnittstelle verfügt.
Diskriminierungskritische, bzw. empowernde Arbeitsweisen zwischen Kunst und Bildung werden in der Rubrik Kontextualiserende Texte reflektiert. Darin findet sich auch eine historische und diskursive Einbettung der KontextSchule und des Festivals in ein emergentes Feld kritischer kultureller und politischer Bildung. Die Beiträge von Birte Trabert, Nello Fragner, Christine Lemke und dem mitkollektiv blicken aus der Perspektive ehemaliger Teilnehmer*innen auf die KontextSchule zurück: Während Birte Trabert die Kontext-Schule 2014–2016 als einen nachhallenden Zwischenstopp in ihren bildungsbiografischen Auf- und Abstiegen zwischen Künstlerin* und Lehrerin* beschreibt, fragt Nello Fragner danach, wofür die KontextSchule 2016–2018 Raum bot und welche Grenzen wahrnehmbar waren. Das mitkollektiv tauscht sich in einem Gespräch über den gemeinsamen Prozess aus, der die sechs im Rahmen der KontextSchule 2018–2020 zusammengeführt hat, was sie dabei gelernt haben und was sie sich für die Zukunft des Kollektivs erhoffen. Christine Lemke teilt einen Ausschnitt aus ihrem »autobiographisch reflektierenden work in progress Schreibprojekt«, in dem sie sich mit der Frage nach den klassenspezifischen Implikationen des Lesens in ihrer Herkunftsfamilie auseinandersetzt. Impulsgebend dafür war der von ihr mit Anna Kölle im KontextSchule-Turnus 2018–2020 initiierte Lesekreis Kritische Pädagogik.
Einige kontextualisierende Texte zeigen darüber hinaus, wie die Arbeitsfelder der künstlerisch-edukativen, kulturellen und politischen Bildung mit den sie jeweils umgebenden gesellschaftlichen Verhältnissen verwickelt waren und sind, und wie sie über verschiedene Zeiträume hinweg verhandelt wurden und werden. Der Beitrag von Carmen Mörsch, beschäftigt sich mit den machtvollen historischen Kontinuitäten, welche der Arbeit an der Schnittstelle Bildung und Kunst inhärent sind. Mit den langjährigen KontextSchule-Beirätinnen, Sandrine Micossé-Aikins und Iris Rajanayagam, unterhalte ich mich über Veränderungen, Persistenzen und Backlashes, die wir im Verlauf der vergangenen zehn Jahre in unserer Tätigkeit zwischen kultureller und politischer Bildung wahrnehmen.
Die kontextualisierenden Texte rahmen die in der Rubrik Situierte Übungen zusammengetragenen Materialien für plurale Lernprozesse. Darunter finden sich methodisch-didaktische Handreichungen, Übungen, Praxisbeispiele aber auch nachbereitende Reflexionen zu Lernprozessen, Leerstellen und Bedingungen von diskriminierungskritischen bzw. empowernden Vermittlungsangeboten.
Silke Ballath bringt ihre Erfahrungen als ehemalige Co-Moderierende der KontextSchule 2014–2016, als Kulturagentin und heutige Wissenschaftliche Mitarbeiterin in ihrem Beitrag anhand eines künstlerisch-edukativen Praxisbeispiels ein, das den »bewusste[n] Umgang mit Widersprüchen« untersucht. Anna Kölle, Simone Schardt und Jorinde Splettstößer stellen den Zine-Workshop zur kritischen Ortserkundung vor, den sie im Verlauf der KontextSchule 2018–2020 entwickelt und beim Festival sowohl mit Schüler*innen als auch mit Multiplikator*innen erprobt haben. Nino Halka, Pia Klüver und Eva Storms erinnern sich zeichnend und schreibend an die in der KontextSchule 2016–2018 entstandene Probe für ein anderes Klassenzimmer, in deren Rahmen sie gemeinsam mit Schüler*innen und Lehrer*innen des Marcel-Breuer Oberstufenzentrums einen fürsorglichen Umgang mit Konflikten geübt haben. Im Gespräch mit Janice Faith Heinrich stellen Katie Lee Dunbar und Hagar Ophir vom mitkollektiv das Toolkit vor, mit dem sie einen Ort schaffen wollen, »an dem Lehrer*innen und Künstler*innen, die im Bildungsbereich tätig sind, Ressourcen austauschen und abrufen […] und an dem sie kritische Lernmaterialien zu verschiedenen Themen finden können.« In ihrem Beitrag tauschen sich Tanja Sokolnykova und Nello Fragner über die Bedeutung von Körper und Trauma in der diskriminierungskritischen Bildungsarbeit aus. Sie fragen u. a. danach, wie Körperwissen genutzt werden könnte, »um kollektive (Ver-)Lernprozesse rund um soziale Macht, Privilegien und Unterschiede sensibler und nachhaltiger zu gestalten«.
Simon Noa Harder setzt sich in einem kontextualisierenden Text mit somatischen, emanzipatorischen und ambivalenten Facetten von ›Pleasure‹ als trauma-sensibler Orientierung im Kontext ›engagierter‹ Bildungsarbeit auseinander. In Anlehnung an den gemeinsam mit Nina Mühlemann beim Festival verantworteten Workshop crip, crip, hurrah! bietet Harder zudem situierte Übungen für ›engagierte‹ Bildungsräume an, die zur Rückgewinnung und zur Ausdehnung von (Selbst-)Vertrauen sowie der Wahrnehmung und Nutzung lustvoller Möglichkeitsräume im Sinne von Resilienz hilfreich sein können. Nanna Lüth erinnert in der situierten Übung queering Geschmack an einen »nicht nur im pädagogischen Kontext häufig vergessenen Sinn« und lädt zu einer »Verlangsamung, Sensibilisierung und Veruneindeutigung – verstanden als queering – von sonst separiert behandelten Sinneswahrnehmungen« ein. Aliza Yanes Viacava und Santiago Calderón García stellen Situierte Übungen zu kolonialen Kontinuitäten im Kunstunterricht vor, die sie gemeinsam mit Veronika Albrandt und mit Schüler*innen des Kunst-Leistungskurses der Jahrgangstufe 12 der Fritz-Karsen-Schule erprobt haben. In ihrem Beitrag Ein de-kolonisierendes Zuhören? schlägt Shanti Suki Osman anhand von Beispielen »aus der Kunstpädagogik, den Sound Studies und der feministischen Ethnomusikologie […] drei Arten des Zuhörens vor […], die ein dekolonisierendes Zuhören charakterisieren könnten.« Yemisi Babatola, Melli Erzuah und Mariama Sow lassen im Gespräch den Online-Empowerment-Workshop Imagination radikaler Orte gemeinsam Revue passieren. Diesen haben die Autor*innen 2021 für das Festival entwickelt und realisiert, um gemeinsam mit anderen BI_PoC aus der Kunst- und Kulturlandschaft »Lösungswege jenseits von Diskriminierungserfahrungen zu imaginieren« und gemeinsam »Zukunft zu visionieren«. André Vollrath bietet als weißer Workshopleiter drei situierte Übungen aus dem gemeinsam mit der Schwarzen Workshopleiterin* Pasquale Virginie Rotter verantworteten Online-Workshop Gemeinsam landen: kritisches weiß sein in Bewegung an, um »den Körper und die Emotionen« bei der kritischen Beschäftigung mit weiß sein »mit[zu]nehmen.« Ebenfalls mit weißen Privilegien beschäftigt sich der Beitrag von Anna Kölle, die in ihrer* situierten Übung einen zeichnerischen Zugang zur kritischen Auseinandersetzung mit weiß sein und Privilegien vorschlägt.
Zwischen den Kontextualisierenden Texten und Situierten Übungen finden sich mehrere Beiträge aus der Rubrik Umkämpfte Begriffe – unter ihnen poetry slams (Empowerment und postkolonial von Chantal-Fleur Sandjon), kurze Erzählungen (Konsens und Zweigeschlechtersystem von Nello Fragner) sowie Zeichnungen (Privilegien von Anna Kölle, Othering und Heteronormativität von Danja Erni). Sie bieten alternative Zugänge zu einzelnen thematischen Schwerpunkten innerhalb der Publikation an.
In einigen Beiträgen finden sich QR-Codes, die auf Beiträge verweisen, welche erst in der Online-Publikation erscheinen werden.
Immer wieder finden sich innerhalb der Publikation auch Lücken. Diese bieten – im Sinne der von Simon Noa Harder beschriebenen crip time – Pausen an: zur Unterbrechung der Lektüre, zum ›Sacken Lassen‹, zum Strecken, Hinlegen, Wahrnehmen des Körpers.
Die Leerstellen sind gleichzeitig all jenen gewidmet, deren Perspektive, Wissen und Erfahrung in dieser Publikation fehlen – weil sie auf sich und ihr Grenzen gehört haben. Weil sie nicht versucht haben, unter prekären Bedingungen in einem Feld, das eine*n als Freiberufler*in permanent an und meist hinter das Limit der Selbstausbeutung drängt, zu funktionieren. Weil sie dem Anspruch widerstanden haben, noch eine zweite und dritte Überarbeitungsschlaufe für ihren Beitrag zu fliegen. Weil sie sich für die Fürsorge – sich selbst und anderen gegenüber – entschiedenen haben. Weil sie sich aus der Freiberuflichkeit in eine feste Anstellung verabschiedet haben. Weil sie weder Künstler*in noch Lehrer*in werden konnten und/oder wollten. Weil sie sich von der KontextSchule und dem Festival nicht angesprochen fühlten. Weil sie in diesem Netzwerk (noch) nicht repräsentiert werden oder sich nicht (mehr) repräsentiert sehen. Weil ihr Beitrag erst in der Online-Publikation erscheint. Weil sie (noch) nicht angefragt wurden.
Einige Namen möchte ich nennen – Aïcha Diallo, Alexis Hyman Wolff, Bibiana Colonel Manaa, Cäcilie Klappenbach, Camilla Goecke, Claudia Hummel, Initiative Intersektionales Lehramt, Julia Lemmle, Juliane Grünthal, Katharina Debus, keineschuleohnefeminismus, Lisa Schwalb, Nora Landkammer, Pasquale Virginie Rotter, Puleng Plessie, Saraya Gomis, Senami Zodehougan, Tuğba Tanyılmaz, Veronika Albrandt, Zara Vanity Morris.
Ich möchte mich von Herzen bei allen Autor*innen bedanken, deren Perspektive, Wissen und Erfahrung in der Publikation vertreten sind – für den reichhaltigen, lehrreichen und schönen Prozess des Knetens, Aufgehen Lassens, nochmals Knetens, Veränderns, Dekorierens, Umdekorierens und Genießens eurer Beiträge! Namentlich Aliza Yanes Viacava, André Vollrath, Anna Kölle, Birte Trabert, Carmen Mörsch, Chantal-Fleur Sandjon, Christine Lemke, Eva Storms, Hagar Ophir, Iris Rajanayagam, Janice Faith Heinrich, Jorinde Splettstößer, Karen Michelsen Castañón, Katie Lee Dunbar, Lisa Ribler, Maciré Schuster, Mariama Sow, May Lee, Melli Erzuah, Nanna Lüth, Nello Fragner, Nino Halka, Pia Klüver, Sandrine Micossé-Aikins, Santiago Calderón García, Shanti Suki Osman, Silke Ballath, Simon Noa Harder, Simone Schardt, Tanja Sokolnykova, Yemisi Babatola.
Mein großer Dank geht an Catrin Seefranz, die als Lektorin und Co-Redaktorin maßgeblichen Anteil am Gelingen dieses Prozesses hatte und von deren differenzierter und wertschätzender Art, Feedback zu geben, ich unglaublich viel gelernt habe. Mein Dank geht auch an Wen-Ling Chung und Marie-Therese Bruglacher, ohne deren Arbeit als Koordinatorin und Finanzverantwortliche diese Publikation nicht möglich gewesen wäre und ohne deren kollegialen Support ich wohl auf halber Strecke aufgegeben hätte.
Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich in diesen acht intensiven KontextSchule-Jahren begleitet haben – die sich mit mir über die Höhenflüge gefreut haben, die neben mir die Bruchlandungen miterlebt haben, die sich geduldig meine Klagen angehört haben, die mich immer wieder ermutigt haben, weiter zu machen, die mit mir die Leidenschaft und die Hoffnung teilen, dass sich in Schule und Gesellschaft etwas verändern lässt.
Allen voran meinen langjährigen Team-Kolleg*innen Silke Ballath, Aïcha Diallo, Tanja Sokolnykova, Camilla Goecke, Wen-Ling Chung, Valeria Fahrenkrog, Veronika Albrandt, Carina Herring und Gregor Kasper sowie allen Teilnehmer*innen an der KontextSchule seit 2014. Ohne euch wäre es nie zu dieser Publikation gekommen.
Zu diesen Personen gehört auch Claudia Hummel vom Förderverein Kunst im Kontext e.V. Sie hat die KontextSchule 2009 mitbegründet und mir die Fortbildung 2014 für eine Re-Konzeption anvertraut. Seither hatte sie großen Anteil daran, dass die Kontext-Schule sich in der Form entwickeln konnte, wie sie in dieser Publikation nachzuvollziehen ist.
Meinen Nachfolgerinnen, Jelena Fužinato und Nataša Jagdhuhn, wünsche ich, dass sie ebenso intensive Erfahrungen mit der Arbeit an diesem Programm machen dürfen wie ich, dabei jedoch weniger Reibungsverluste erleben und sich stärker auf die Teilnehmenden und Inhalte konzentrieren können.
Mein innigster Dank gilt Dagmar Lesiak, die mich während all dieser Jahre zugewandt und liebevoll begleitet, bestärkt, herausgefordert und zum Lachen gebracht hat und dies weiterhin tut.
Die vorliegende Publikation empfinde ich als großes Geschenk – die Möglichkeit zu haben, mit so vielen Wegbegleiter*innen Rückschau halten zu dürfen, im Austausch Erfahrenes festhalten und spiegeln zu können, ist ein Privileg, das eigentlich allen zustehen müsste, die an der Schnittstelle künstlerischer und politischer Bildung arbeiten, und das als bedingend für die Weiterentwicklung dieser Praxis betrachtet werden sollte.
Danke deshalb an dieser Stelle auch den Förder*innen, die dies ermöglicht haben: der Senatsverwaltung für Jugend, Bildung und Familie – hier vor allem dem langjährigen Beiratsmitglied Conny-Hendrik Schälicke – sowie der Bundeszentrale für politische Bildung.
Zum Schluss wünsche ich allen Leser*innen, dass sich etwas von der Intensität und Freude, der Sorgfalt und Differenziertheit, mit der dieses Buch entstanden ist, auf Sie und euch überträgt.
[1] Die KontextSchule ist ein zweijähriges Fortbildungsangebot für Lehrer*innen und Künstler*innen, das Kulturelle Bildung und politische Arbeit im schulischen Kontext aufeinander bezieht. »Schule als zentraler Ort des Lernens und potenzieller Ort des Verlernens […] wird aus Sicht interner und externer Akteur*innen mit Mitteln der Kunst, Pädagogik und Wissenschaft befragt. Ziel ist die Sensibilisierung der Beteiligten* für Formen von Diskriminierung und dafür, wie diese miteinander verschränkt sind (lntersektionalität), das Ausprägen eines selbstreflexiven Umgangs mit der eigenen Macht in Lehr- und Lernsettings und das Entwickeln von Forschungsfragen, Arbeitsmaterialien und Unterrichtssequenzen in dieser Perspektive. […] Die ›KontextSchule‹ versteht sich als ein Angebot für zeitgenössische Formen der künstlerisch-edukativen Zusammenarbeit, welche längerfristig angelegte Transformationsprozesse im Kontext von Schule in Gang setzen können. Das Angebot begründet sich aus der Annahme, dass Schule als Teil der pluralen Gesellschaft einer kritischen Auseinandersetzung mit ihren Machtverhältnissen bedarf. Denn diese wirken sich – behindernd oder ermöglichend – auf die Zusammenarbeit der Schulakteur*innen aus« (Diallo/Erni 2017: 123). Zur Geschichte der KontextSchule s. auch Diallo/Erni 2016; 2018, Website der Fortbildung und Hummel 2011 sowie Fehr/Hummel 2011 (siehe Literatur).
[2] Das Festival wurde im Mai 2021 in einem Bündnis durchgeführt und ermöglichte die Begegnung und Vernetzung unterschiedlicher Akteur*innen aus den Bereichen kulturelle und politische Bildung, Schule, Kunst und Aktivismus. Vgl. Website des Festivals (siehe Literatur).
[3] Diese bestand aus den damals an der Fortbildung Beteiligten Chantal-Fleur Sandjon, Nello Fragner, Daniele G. Daude sowie Aïcha Diallo und Danja Erni und einigen Verbündeten – u. a. Hengameh Yaghoobifarah und Regina Richter. Die Arbeitsgruppe traf sich erstmals im Dezember 2016 mit dem Ziel, gemeinsam ein Konzept für ein Glossar der KontextSchule zu entwerfen. Es wurden erste Begriffe gesammelt, die aus Sicht der Autor*innen ins Glossar sollten – u. a. entstanden die Texte Empowerment und postkolonial (vgl. Sandjon in diesem Band, Seite 236 und 282), Konsens und Zweigeschlechtersystem (vgl. Fragner in diesem Band, Seite 232 und 298) und Lookism (Yaghoobifarah 2017). Gleichzeitig fehlte in dieser Gruppe die Perspektive junger Menschen. Daraus entwickelte sich das Projekt Glossar der Vielstimmigkeit, eine Kooperation zwischen der KontextSchule, dem Theater X, dem Jugendmuseum Schöneberg u. a. Bündnispartner*innen. Dieses wurde von der BKJ – Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung gefördert. Es bot zwischen 2018–2022 jungen Menschen – mit und ohne Erfahrung in der selbstbestimmten künstlerisch-politischen Beteiligung – die Möglichkeit, gemeinsam mit Künstler*innen verschiedener Sparten sprachliche, visuelle, performative und/oder auditive Übersetzungen für Begriffe zu entwickeln, die sie beschäftigen und von denen sie in ihrem Alltag betroffen sind (vgl. Hate Speech von Mädea im Glossar des Festivals), (siehe Literatur). In einer zweiten Projektphase entwickelten die Künstler*innen mit den jungen Aktivist*innen Peer-to-Peer-Workshops, welche dann selbständig von diesen durchgeführt wurden (vgl. die Workshops Feministisch Rappen!!!, Liebe Welt, seit wann bist du hetero? und Denkst Du noch straight oder lebst Du schon queer?, welche im Rahmen des Festivals durchgeführt wurden), (siehe Literatur). Anlässlich des Festivals wurden weitere Umkämpfte Begriffe in den Worten derjenigen gesammelt, die sie – z. B. in der Ausschreibung ihrer Workshops – verwendeten (vgl. dazu Glossar auf der Festival-Website), (siehe Literatur).
[4] Vgl. Micossé-Aikins, Rajanayagam und Erni in diesem Band, Seite 28ff.
[5] Vgl. Website Platz für Diversität!? (Online-Ausstellung KontextSchule 2014–2020
und Programm). Zur Bedeutung von pluralen Lernprozessen vgl. Diallo/Erni 2018 (siehe Literatur).
Diallo, Aïcha/Erni, Danja (2018): Lernprozesse in der diskriminierungskritischen
kulturellen Bildungsarbeit. In: e-journal des Institute for Art Education.
URL: https://blog.zhdk.ch/iaejournal/2018/03/03/n14_lernprozesse-in-der-
diskriminierungskritischen-kulturellen-bildungsarbeit/ [26.11.2022].
Diallo, Aïcha/Erni, Danja (2017): Wie gesellschaftliche Pluralisierungsprozesse
in die Zusammenarbeit zwischen Künstler*innen und Lehrer*innen hineinwirken.
In: Schütze, Anja/Maedler, Jens (Hg.): weiße Flecken. Remscheid.
Diallo, Aïcha /Erni, Danja (2016): Im Gespräch mit Caroline Froelich. Transkript Kubinaut-Podcast #1 – KontextSchule. In: Kubinaut – Navigation Kulturelle Bildung. Berlin. URL:www.kubinaut.de/media/articles/transkript_kontextschule_podcast.pdf [26.11.2022].
Fehr, Michael/Hummel, Claudia (2011): ZOOM: Berliner Patenschaften Künste & Schule. Berichte und Materialien zur Kooperation zwischen Schulen und Kultur-einrichtungen. URL: https://www.creative-city-berlin.de/uploads/standort-informationen/der_zoom-bericht.pdf [26.11.2022].
Hummel, Claudia (2011): KontextSchule. Texte und Materialien zu einer Fortbildungsreihe für Künstler/Innen und Lehrer/Innen. URL: http://kontextschule.org/publikationen/KontextSchule%20Publikation.pdf [26.11.2022].
Website KontextSchule. URL: http://www.kontextschule.org/unterkategorien/was_ist_kontextschule.html [26.11.2022].
Website Platz für Diversität!? – Festival für diskriminierungskritische Allianzen zwischen Kunst und Bildung. URL: http://www.platzfuerdiversitaet.org/ [11.12.2022].
Glossar. URL: http://platzfuerdiversitaet.org/bw/1/glossar.html [26.11.2022].
Online-Ausstellung KontextSchule 2014–2020: URL: https://heyzine.com/flip-book/68b75ff757.html [10.12.2022].
Programm: URL: https://ksfestival.lineupr.com/platzfuerdiversitaet/ [10.12.2022].
Peer-to-Peer Workshops
Sisterqueens: Feministisch Rappen!!! URL: https://ksfestival.lineupr.com/platzfuerdiversitaet/item/sisterqueens-feministisch-rappen [26.11.2022].
NeXt Generation Ensemble: Liebe Welt, seit wann bist du hetero? URL: https://ksfestival.lineupr.com/platzfuerdiversitaet/contributor/next-generation-ensemble [26.11.2022].
Kajsa Grasse und Anna-Lena Rehm: Denkst Du noch straight oder lebst
Du schon queer? URL: https://ksfestival.lineupr.com/platzfuerdiversitaet/item/denkst-du-noch-straight-oder-lebst-du-schon-queer [26.11.2022].