Nino Halka, Pia Klüver und Eva Storms
Mittels performativer und zeichnerischer Kunstpraxen untersuchten die drei Künstler*innen Pia, Eva und Nino und die Lehrpersonen Maren und Ronald gemeinsam mit einer Schulklasse Konflikte im Klassenraum. Der Artikel ist ein Versuch die gesammelten Erfahrungen in Form eines reflektierenden Drehbuchs – als Probe – zu versammeln. Diese Perspektive ermöglicht es, Konflikte als etwas zu betrachten, das eingeübt, verhandelt und verändert werden kann. Das Projekt wird auf die Weise erinnert, neu aufgeführt und lädt dazu ein, andere Beziehungsweisen im Klassenzimmer zu erproben.
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August/September 2022. Mehr als vier Jahre und etliche Konflikte später treffen wir uns wieder. *N., P. und E. Ein körperloses Sich-Begegnen im digitalen Raum. Drei kleine Kacheln, drei Gesichter darin, die einander zuhören, sprechen, miteinander denken. Sich Erinnern. Re_konstruieren. Bedürfnisse formulieren. Eigene Verhältnisse überprüfen. Situativ, nicht direkt übertragbar, immer neu erfahrbar. Das Begehren, Konflikte versorgen zu können, wird lauter. Ausprobieren. Tabus stören. Differenzen einladen. Fehlerfreundlichkeit, Wohlwollen, Prozessoffenheit. Eine Form dafür er_finden: Konflikte ver_handeln als Probe, über das Klassenzimmer hinaus…
Die Arbeit an und mit Konflikthaftem ist essentiell für alle Bereiche unserer Lebenswelten. Obwohl Konflikte so fundamental wirksam und allgegenwärtig sind, gibt es kaum Räume in der Schule, in denen wir uns darin ausprobieren und einen fürsorgenden Umgang mit ihnen erlernen können. Wir waren also angetreten mit unserem Recherchevorhaben Alphabet of Conflicts, um zu schauen, welche Konflikte im Kontext von Schule existieren und wie damit umgegangen werden kann. Welche Konflikte entstehen in diesem spezifischen Raum in einer temporären Gemeinschaft? Bestehen bereits bestimmte Konfliktkulturen und Praxen? Gibt es so etwas wie ein geteiltes Vokabular, um mit Konflikten umzugehen? Wie können wir uns bestehende Konflikte vergegenwärtigen, diese anschauen, ihnen eine Form geben und sie damit gestaltbar(er) machen? Wie die Vielfalt darin abbilden? Uns interessierte dabei besonders die Verkörperung von Konflikten. Wie und wo findet das einen Platz im Lehrplan? Fragen für unsere Probe.
Die gemeinschaftlichen Recherchen mit den Schüler*innen und den Lehrpersonen führten uns zur Probe für ein anderes Klassenzimmer. Wir verfolgten einen Ansatz des Anfangens, der davon ausgeht, dass es Sinn und Spaß machen kann, sich bestehende, imaginierte und unausgesprochene Konflikte anzuschauen. Sich ihrer wohlwollend und mit Neugier anzunehmen. Konflikthaftes nicht als Störung, sondern als eine Art Seismograph zu betrachten, der uns etwas zeigt mit dem wir uns beschäftigen wollen. Weil es quer liegt. Und uns etwas lehrt über uns selbst. Ein Ansatz, der davon ausgeht, dass der Umgang mit Konflikten eingeübt, verhandelt und verändert werden kann. Denn eine Probe ist immer im Handeln erweiterbar. Das Format der Probe erhöht unsere Aufmerksamkeit, schafft ein Bewusstsein aufgrund der ihr innewohnenden Struktur aus Bekanntem/Vertrautem und Neuem/Unbekanntem. Eine Probe ist im Ausgang offen. Hier bleibt für eine konkrete Anwendung in Schule die Frage: Wer oder was bestimmt den Ablauf? Oder ist es vielleicht (auch) ein chaotisches, sich selbst erhaltendes System? Die Probe ist für uns eine mögliche Form einer gelingenden Irritation.
Im Folgenden skizzieren wir einen Probenverlauf entlang unserer gemachten und geteilten Erfahrungen und Erlebnisse während des Projektes.
Eine Stimme aus dem OFF: What a mess!
Sobald ich ein Schulgebäude betrete, verändert sich mein Körpergefühl. Mein Gang und meine Stimmung. Ich wünsche mir eine gemütliche Couch zum Lümmeln in einer Ecke, in der ich un-beobachtet entspannen und meinen Tagträumen nachhängen kann. Wo und wie passt das in meinen Stundenplan?
Notizzettel_Sidenote:
Körper werden ausgerichtet, sollen sich einrichten. Verkörperung von Anwesenheit, Aufmerksamkeit, Respekt, Lernbereitschaft wird erwartet. Das betrifft nicht nur die (Körper-)Haltungen, sondern auch das Verhältnis von Körper und Raum.
Vorspann
Vier Menschen, angestellt, selbstständig. Eine Institution, oder zwei, oder auch drei, das Oberstufenzentrum Marcel-Breuer in Weißensee, die KontextSchule, District*Schule ohne Zentrum Berlin Tempelhof. Verschieden involviert, situiert, finanziert. Zeitlichkeiten kollidieren. Differenzen terminieren. Ein Rechercheprojekt zu Konflikten. Alphabet of Conflicts. Mit Schüler*innen. Durchschnittsalter zwischen 16 und 18 Jahren.
Szene Eins/A wie Anfangen
Schulkalender 2017/2018. Gelb: Projekttage. Häkchen dahinter. 18.12.2017. 7:45 Uhr bis 13:15 Uhr. Ein Termin, der steht. Dezember-morgen. Eher grau. Berlin Hermannstraße. P. und E. steigen gemeinsam in die Ringbahn. Zwei Körper, eher Köpfe, die sich zueinander neigen. Sitzend, gegenüber. Zettel in den Händen. Rucksäcke zwischen den Beinen. Die Bahn, voll. Menschen auf dem Weg zu Schule, Arbeit, sonst wohin.
Szenenwechsel/Warm Up
Oberstufenzentrum Marcel-Breuer Weißensee. N. kommt mit dem Fahrrad. Der Gepäckträger voll mit Material. Auch M. kommt mit dem Fahrrad. Treffen vor einer Türe. Erdgeschoss. M. öffnet die Türe, wirkt strukturiert, geplant. Sie geht Treppen hinauf. Allein. Organisation, Rückmeldung im Lehrer*innenzimmer, dass das Projekt heute beginnt. Lebendiger Austausch. N., P. und E. wartend, irgendwie auch abhängig und dankbar um M.s Kümmern. Rückkehr M. Gemeinsames Tragen von Taschen voller Material. Sie gehen über einen großen, in Dezembergrau gefärbten Schulhof. Blicke schweifen, bleiben haften. An Stellen, Un_Auffälligkeiten, Orientierungsversuche. Körperresonanzen. Bewegung. Zwei große Schiebetüren. Betreten des Gebäudes. Holzwände, lichte, große Fensterfronten. Treppen hinauf. Etage drei?
Inmitten der Materialien sind auch die je eigenen Lernbiografien von M., N., P. und E. verortet. Damit einhergehend, Verantwortung und der Wunsch, mit Hilfe einer Auswahl an performativen und zeichnerischen Praxen, Verkörperungen von Konflikten im Klassenraum gemeinsam nachzuspüren. Ihr Anspruch: Prozesse moderieren, tagesaktuell und situativ. Ideen verhandeln, Erfahrungswissen sammeln. Gemeinsam imaginieren, konfrontieren, sensibilisieren.
Stimme von Lehrer R. läutet den Szenenwechsel ein: Hier sind unsere Frühstücksbrettchen und da haben wir auch einen Besteckkasten. Das mache ich häufig mit Ihnen, so eine Teezeremonie am Morgen.
18.12.2017. Betreten der Werkstatt. Langgezogener Raum, schmal. Recht massive, schwere Holzwerkstatttische. Hohe Fenster-rahmen. Schüler*innen, sitzend, stehend, gehend. Körper im Raum. Lebendig. Hinten links, nahe der Eingangstür ein kleiner Raum. Kaffee-maschine, Radio, kleiner Tisch, kleines Fenster hin zum großen Raum. Waschbecken, Holz, Werkzeuge. Kennenlernsituation. Hände werden geschüttelt. Begrüßungsgeste vor der Coronapandemie. R. ist der Lehrer der Holzwerkstatt. Sein Gestus und Sprechen einladend, herzlich, humorvoll. Vertraute, wertschätzende Kommunikation zwischen R. und den Schüler*innen. Ausatmen, Schultern entspannen, Erleichterung bei E., P., N. und M. Bewegungen werden weicher. Kiefer lockern sich. Frühstückssachen werden ausgepackt. Tassen werden gesucht. Geordnetes Chaos oder eher chaotische Routine.
PAUSE
Zehn Minuten. Durchatmen.
Durcheinander/Ineinanderlaufen.
Gemurmel. Kennenlernsituation
verlassen.
Szenenwechsel/Habitus
Aufwärmen. Übung Kennenlernspiel: Name & Geste. Arme, Hände und Gesichter sind in Bewegung. Körper und Lautsprache. Körpersprache. Alphabet. Der Rest der sich verhaltenden Körper eher steif. Anfängliches Zögern durchzogen von unsicherem Kichern. Behutsames gemeinsames Untersuchen und Reflektieren von Gesten, Mimik und Körperhaltungen, die in diesem konkreten Klassen-zimmer auftauchen.
Notizzettel_Sidenote:
Der Begriff Habitus wurde von Pierre Bourdieu auch als »Leib gewordene Geschichte« konzipiert. Habitus beschreibt also: »ein dynamisches Ergebnis der Vermittlung gesellschaftlicher Normen mit der Rezeption und Anverwandlung durch einzelne Subjekte. Impliziert sind dabei immer auch mögliche Modifikationen. Das Subjekt nimmt auf, es erlernt im mimetischen Handeln Verhaltensmodelle körperlicher, emotionaler und intellektueller Art, so dass Soziales und scheinbar Privatestes sich im Subjekt untrennbar verbinden und Körper als Handlungssubjekt betrachtet werden müssen. (...)« (Lehnert 2013: 58).
Szenenwechsel/In Beziehung sein, Kontaktzonen
Fragestunde, langsames Annähern und Näherkommen. Wer will sich wie zeigen? Gemeinsame Streifzüge entlang von Beziehungen.
Was ist ein Konflikt für dich?
Schüler*in: Wir haben gar keine Konflikte.
Nochmal die Frage: Was ist ein Konflikt für dich?
Blitzlicht der Schüler*innen: Unangenehm, Kontrolle, geistig, Sache, Wünsche, Meinungsverschiedenheit, Schlägerei, Erwartungen, Auseinandersetzung, Uneindeutigkeit, zwei Parteien, Beziehung, körperlich, Fall, Streit, nicht unbedingt Streit, Entladung mit sich selbst, mit anderen.
PAUSE
Fünf Minuten. Bedürfnisse stillen:
Trinken, Toilette, Rauchen, Dehnen,
Rennen, Lachen, Smartphonen.
Spürst du deine Konflikte auch körperlich?
Blitzlicht der Schüler*innen: Ganzer Körper, Nervosität, Wut,
Adrenalin, körperliche Gewalt, Herz, Unruhe.
Welche Konflikte gibt es in Eurem Zusammensein?
Blitzlicht Schüler*innen: Mit Raum, mit Lehrpersonen, Ungerechtigkeit, Vorwurf, Unterstellung, Leistungsdruck, Zuspätkommen, Perfektion, Ideal, Alleswissende, Alle müssen zustimmen (Konsensprinzip), mit Schüler*innen, Fehlzeit, mit Schule/Institution.
Nachdem von den Schüler*innen erst behauptet wird, es gäbe in ihrer Gruppe keine Konflikte oder Konfliktempfindungen, kommen doch nach und nach Themen auf, an denen sich Konflikte ent-falten. Die Schüler*innen stellen fest, dass es häufig zu Missinterpretationen bzw. Missverständnissen bzgl. ihrer Körper im Raum kommt. Schule wird als eine den Körper disziplinierende Umgebung sichtbar und verhandelbar gemacht. Die gemeinsame Suche nach körperlichen Alphabeten oder einem Alphabet der Körpersprache beginnt. Ganz praktisch. Platz (ein)nehmen. Angenehme und unangenehme Haltungen ausprobieren, in einem begrenzten Raum markieren. Mit buntem Tape auf einer Plane, übergroß.
Lehrer R.: Auch ich habe hier neu lernen müssen, dass ich die Körperhaltung, das Auftreten von Schüler*innen manchmal missinterpretiere.
Szenenwechsel/Übersetzungsprozesse–Transferleistungen
Konfliktverflechtungen werden gemeinschaftlich thematisiert. Verzeichnet. Erprobt. Emotionen und Gefühle bekommen, in Anlehnung an Erwin Wurms One minute sculptures eine temporäre, körperliche Gestalt. Festgehalten durch Fotografie. Aus_Druck. Eine Tafel voller Abbildungen. Der Fokus verlagert sich vom Lesen aufs Sehen und vom Entziffern aufs Wahrnehmen. Reger Austausch über diese Momentaufnahmen der anwesenden Körper. Fragen im Raum: Was wird, wie, warum, von wem wahrgenommen? Welche Zuschreibungen und (Miss-)Interpretationen entstehen?
Stimme aus dem Off:
In der Schule lernen wir bestimmte Alphabete kennen, werden systematisch alphabetisiert. Existiert auch so etwas wie ein Alphabet der Konflikte? Oder gibt es konflikthafte Alphabete? Besteht die Möglichkeit, in loser Folge und abseits von eingespielten Formen eine Art situatives Vokabular zu erfinden? Eine Versuchsanordnung, in der alternative Wissensproduktion und Lernweisen abseits einer vermeintlich universalen Matrix Platz haben?
Was ist ein Alphabet für dich?
Blitzlicht der Schüler*innen: Unterschiedliche Kulturen, Reihenfolge von Buchstaben und verschiedenen Zeichen, Sammlung aller Buchstaben, Zeichen einer Schrift, etwas am Anfang, Vereinfachung, Auflistung, Orientierung, der Anführer der (Blumen) Beete/1. Beet ist immer der Anführer.
PAUSE
Dreißig Minuten Pausenhof. Trinken,
Essen, quatschen. Quatsch machen.
Spielen, Musik hören, zocken, flexen,
cornern. Draußen sein...
Notizzettel_Sidenote:
In der Schule bezeichnet eine Pause die Zeit zwischen zwei Unter-richtstunden. Pausengestaltung ist ein fundamentales Konflikt-feld und gleichzeitig ein wichtiger Teil unseres Vokabulars. Die Pause ist eine Unterbrechung des eingespielten Rhythmus’. Eine selbstbestimmte Setzung und Akt der Fürsorge. Sich Zeit und Raum nehmen von oder für Konflikte. Die Pausengestaltung kann somit als ein aktives und bewusstes Innehalten, von dem, was eine*n umgibt und umschließt oder auch einengt, verstanden und neu verhandelt werden. Was findet darin alles seinen Platz? Im Stundenplan. (Er)finde eine Pause. Wie sieht sie aus? Wie können wir uns um Pausen kümmern?
Worum möchtet ihr Euch kümmern?
Blitzlicht Schüler*innen: Ruhe//Zusammensein//Zusammenhalt//Jasmintee//Keine Störungen//Toleranz//Zuhören//Gleich-behandlung//Gleichberechtigung//Respekt//Andere behandeln wie man selbst behandelt werden möchte? //Vertrauen//
Empathie// Ordentliche Konversation z. B. Augenkontakt//
Geben & Nehmen// Teamwork//Humor// Spontaneität//
Länger Schlafen
Nächster Schritt: Ausgehend von Antworten werden Wünsche und Bedürfnisse in konkrete Handlungsanweisungen überführt. Texte und Bilder werden gestaltet. Dieses neue verkörperlichte Vokabular wird gemeinsam im SchulRaum erprobt. Körper und Raum in neue Verhältnisse zueinander gebracht.
Bereits etablierte Fürsorgepraxen werden reaktiviert und integriert. Mit der gemeinsamen Teezeremonie haben sich die Schüler*innen einen eigenen Ort geschaffen, der ein anderes Miteinander erlaubt. Aufbrühen, ziehen lassen. Duft breitet sich aus. Schmecken, fühlen, riechen. Wärme. Klimpern und Klirren. Genießen. Sich kümmern, nachschenken. Einander versorgen. Caring and sharing.
PAUSE
Hard Cut/Ferien.
Szenenwechsel/Caring & Sharing
Januar 2018. Zeugnisse. Schuljahresende. Druck und Zeitlichkeiten. Ortswechsel. Das Foyer im Erdgeschoss wird zum Ort des Geschehens. Verschieben. Verrücken. Große Fenster. Hallende Stimmen. Gemurmel. Bodennah, den Wänden entlang. Sitzende Körper. Kreisform. Sich begegnende Blicke, Mimik, Gesten. Un_angenehme Kontaktmomente. Tee wird gereicht.
PAUSE
Fünf Minuten. Aufstehen, gehen, zueinander,
Kreis auflösen, voneinander weg, zueinander.
Szenenwechsel/Zeichensetzung
Februar 2018. Holzwerkstatt. Begehren verzeichnen. Einbeziehung des vorhandenen Materials mit Hilfe von R. Die Linolschnitte werden zu Stempeln. Jede*r Schüler*in gestaltetet sich ihr*sein ganz individuelles Zeichen. Individuelle Differenzerfahrungen bekommen Raum. ›Markenzeichen/Erkennungsmerkmale‹ jeder*s Einzelnen werden sichtbar im temporären Kollektiv, Klassenraum. Sie werden benannt, anerkannt. Die Drucktechnik ermöglicht Vervielfältigung. Wie ist jede*r Einzelne positioniert? Was ist der (kleinste) gemeinsame Nenner im Miteinander?
Szenenwechsel/Saal*Lun
Mai 2018. Beginn der kollektiven Probe für ein anderes Klassenzimmer. Ortswechsel. Aquarium (Südblock), Skalitzer Straße 6, Berlin-Kreuzberg, U-Bahn Kottbusser Tor. In Abwesenheit der Schüler*innen. In Anwesenheit von Leer-, Lehr- und Lernstellen.
Stimme aus dem Off: Zu viel zu tun, Prüfungsvorbereitungen, keine Lust, keine Zeit. Zu weit weg, zu fremd?
Eine performative Installation, basierend auf gemeinsamen Recherchen in der Schule. Stationen: Tee-Zeremonie, Pausengestaltung, Raumfindung, Chill- und Schlafecke. Struktur-Struggle-Treffpunkt. Praktische Übungen, experimentelle Anordnungen. Versuchsanordnung: Unterbrechung des heimlichen Lehrplans der Institution Schule. Körper in Bewegung. Körper in Verbindung.
Epilog
Oktober 2022. Wir treffen uns wieder. N., P. und E. Ein körperloses Sich-Begegnen im digitalen Raum. Drei kleine Kacheln, drei Gesichter darin. Gemeinsames Schreiben, zuhören, verschieben auf virtuellem Whiteboard. Auch diese Probe entsteht erst im ZusammenSpiel. Im aktiven Zuhören. Ein ein-ziges Alphabet der Konflikte gibt es nicht – je nach Kontext, Situation und involvierten Gemeinschaften bestehen bereits vielfältige Wissen zu Konflikten und deren Bearbeitung. Wir experimentierten mit Zeichnung, Kartierung, Fotografie, Probe und vielgestaltigen Körper-Objekt-Raumstudien. Ein Anfang und eine mögliche Probe für Ideen und Handlungsweisen im Umgang mit Konflikten. Ein unabgeschlossener, kollektiver Rechercheprozess. Unsere Körper werden in Schwingung versetzt und in undisziplinierte Bewegung gebracht, um kreative Konfliktpraxen zu versammeln, die ohne Gewalt auskommen und Normalität (auch in Schule) in Frage stellen.
Abspann
*Abkürzungen im Text:
P. – Pia, E. – Eva, N. – Nino, M. – Maren, R. – Ronald
Schüler*innen:
Hanin, Mohammed, Emil B., Ahmet, Tisser, Erik, Lasse, John, Tara, August, Leon, Jeniffer, Rehme, Emil V.
Die Teilnehmer*innen besuchten eine Klasse der Integrierten Berufsausbildungsvorbereitung (IBA) am Oberstufenzentrum Marcel Breuer in Weißensee. Die Klasse setzte sich aus 15 Schüler*innen zusammen, die nicht nur in den allgemeinbildenden Unterrichtsfächern (Deutsch, Mathe, Englisch, Sozialkunde), sondern auch in den Schwerpunktfächern Gestaltung und Fachpraxis (Werkstattunterricht) unterrichtet wurden. Das Ziel ist es, die Schüler*innen auf das Berufsleben und den Mittleren Schulabschluss vorzu-bereiten. An dem OSZ werden Schüler*innen und Auszubildende in den Berufsfeldern der Bautechnik, Holz- und Glastechnik sowie in Architektur und Design unterrichtet. Neben verschiedenen Ausbildungsabschlüssen können hier auch alle Schulabschlüsse (von der einfachen Berufsbildungsreife bis zur allgemeinen Hochschulreife) erworben werden.
Lehrpersonen: Maren Zeuner, Ronald. Die Perspektiven der beiden sowie die Perspektiven der Schüler*innen hinterlässt in diesem Beitrag eine Leerstelle. Durch ihre Involviertheit, ihr Engagement, ihre bereits etablierten Lehr- und Fürsorgepraxen gemeinsam mit den Schüler*innen ist das Projekt überhaupt erst mit_bewegt und möglich gemacht worden. Ihre reflektierenden Perspektiven, können hier somit ausschließlich als imaginiert und lückenhaft verstanden werden.
Künstler*innen: Nino Halka, Pia Klüver, Eva Storms
Gemeinsam mit Maren und anderen Lehrpersonen, Künstler*innen und Kulturschaffenden haben wir an der KontextSchule 2016–2018 teilgenommen und erforschten gemeinsam von Dezember 2017 bis April 2018 erlebte, verkörperte und imaginierte Konflikte im Kontext von Schule.
Das Rechercheprojekt Alphabet of Conflicts war gleichzeitig Teil des Projektes Caring for Conflicts District*Schule ohne Zentrum, dem Institut für Queer Theory sowie der Fortbildungsreihe KontextSchule 2016–2018 unter der Leitung von Aïcha Diallo und Danja Erni.
Alphabet of Conflicts war Teil des Projekts Caring for Conflicts, einem Projekt der kulturellen Bildung für 12–27 Jährige, welches als Kooperation zwischen District Berlin und dem Institut für Queer Theory realisiert wurde und in dessen Rahmen nach queeren Konfliktkulturen und nach Möglichkeiten, gemeinsam zu streiten, gesucht wurde. KontextSchule war eine der Partner*innen. Ebenfalls Teil des Projekts war das KLIRRRRR festival – queere Konfliktkulturen (siehe Literatur).
Vgl. dazu Abschluss der KontextSchule 2016–2018 (siehe Literatur).
Alphabet of Conflicts (Dokumentation). URL: https://heyzine.com/
flip-book/841299c31e.html [04.11.2022].
Caring for Conflicts. URL: http://www.district-berlin.com/de/caring-for-
conflict-2/ [04.11.2022].
District*Schule ohne Zentrum. URL: http://www.district-berlin.com/de/
program/d-schule/ [04.11.2022].
KLIRRRRR festival – queere Konfliktkulturen. URL: http://www.district-berlin.com/de/klirrrrr-ein-festival-queerer-konfliktkulturen/ [04.11.2022].
KontextSchule 2016 – 2018. URL: http://www.kontextschule.org/archiv-ks6.html [04.11.2022].
KontextSchule 2016–2018 (Abschluss). URL: http://www.kontextschule.org/
ks_treffen/KS6/abschlussks6.html [04.11.2022].
Lehnert, Gertrud (2013): Mode – Theorie, Geschichte und Ästhetik einer kulturellen Praxis. Bielefeld.