Nanna Lüth
In dieser Übung geht es darum, einem nicht nur im pädagogischen Kontext häufig vergessenen Sinn, dem Geschmack, mehr Aufmerksamkeit einzuräumen und sich also auf körperliche Empfindungen und die dadurch hervorgerufenen Gedanken, Emotionen und inneren Bilder zu konzentrieren. Die Koppelung der geschmacklichen mit taktilen Eindrücken, die die Übung außerdem anstößt, dient der Verlangsamung, Sensibilisierung und Veruneindeutigung – verstanden als queering – von sonst separiert behandelten Sinneswahrnehmungen. Über die Reflexion der während der Übung gemachten Erlebnisse hinaus können weiterführend auch Fragen nach dem Zusammenhang von Wahrnehmung und Werturteilen, wie er in der Forderung nach dem »guten Geschmack« (Bourdieu 1982 [1979]) eingebettet ist, bearbeitet werden.
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Die folgende Übung beruht auf dem bewussten Kosten von Geschmacksproben durch Teilnehmer*innen mit verbundenen Augen und der Aufforderung, die so gewonnenen Eindrücke in ein Knetobjekt oder eine Zeichnung zu übersetzen. Danach folgt ein Austausch über die Ergebnisse und eigene Wahrnehmung des Geschmacks-experiments. (Genaueres zur praktischen Durchführung ist unten unter Vorbereitung und Ablauf zu finden.) Damit geht es um eine queerende Geschmacksübung auf zwei Ebenen. Einmal wird die Konzentration auf den Geschmackssinn verschoben. Außerdem können Fragen nach dem Zusammenhang von Wahrnehmung und Werturteilen, wie er in der Forderung nach dem »guten Geschmack« (Bourdieu 1982 [1979]) eingebettet ist, bearbeitet werden.
Didaktische Begründung
Mit dieser Übung lässt sich mit Möglichkeiten experimentieren, um Geschmackserfahrungen zu thematisieren und die damit verbundenen Konventionen und Urteile zu queeren. Queeren ist hier die deutsche Übersetzung von queering. Queering bezieht sich auf queer, das übersetzbar ist mit schräg, schwul, LGBTQIA+, nicht-heterosexuell oder nicht-cisgender. Queering hinterfragt und durchkreuzt Heteronormativität und die Zwei-Geschlechter-Ordnung[1], wobei Vorstellungen von Weiblichkeit, Männlichkeit und Heterosexualität verschränkt sind mit Normen des weiß seins, des Westens, der Mittelschicht, der Rundum-Befähigung [2]. Die weiter unten beschriebene situierte Übung war in diesem Sinne umgeben von queerenden Impulsen: einer Intro über Radical Drag sowie einer performativen Übung zu vergeschlechtlichter Körpersprache: Mit dem Stichwort Radical Drag geht es um Infragestellungen nicht nur von als weiblich oder männlich vereindeutigten Geschlechterperformances, sondern um kreative Interventionen, auch kunstpädagogische Übersetzungen, die die Wiedererkennbarkeit von Körperformen erschweren oder Körper unüblich einsetzen (vgl. Lorenz 2012: 53ff., Lüth 2016). Die Übung zur Körpersprache nutzte eine Fotoserie von Marianne Wex über »Weibliche« und »männliche« Körpersprache als Folge patriarchalischer Machtverhältnisse (1979) als Ausgangspunkt und forderte die Teilnehmer*innen auf, zunächst vergeschlechtlichte Körperposen nachzuahmen und in der Folge Körpersprache auch geschlechtlich zu veruneindeutigen (vgl. Lüth 2017). Beide Impulse wurden diskutiert. Solche Übungen? können Beteiligte mit wenig Vorerfahrungen mit und Wissen über queering darin unterstützen, sich nicht nur auf – in formalen Bildungssettings ungewohnte – körperliche Erfahrungen einzulassen, sondern diese zudem zu queeren, d.h. dabei Affekte, Begehren, Verletzlichkeit, Uneindeutigkeit und Widersprüche […] zentral zu setzen« (Lüth/Mörsch 2015: 188).
Bevorzugung des Sehsinns unterbrechen, Körpernormen relativieren
Die Übung queering Geschmack steuert auf zwei Verschiebungen zu: Einmal sollen Sinne wie Geschmack und Tastsinn, die seit der Aufklärung, die eine Hierarchie der Sinne mit dem Sehsinn an der Spitze etablierte, abgewertet werden (vgl. Utz 1990: 25ff.), bewusst hervorgehoben und miteinander in Verbindung gebracht werden. Dadurch wird die Vorherrschaft des Sehsinns, der seit Platos Höhlengleichnis als bevorzugtes Mittel zur Erkenntnis und Wahrheitsfindung zählt, in Frage gestellt. Das Andauern dieser Präferenz drückt sich zum Beispiel in aktuellen (deutschen) Rahmenlehrplänen für das Fach Kunst durch die Gleichsetzung ästhetischer Bildung mit visueller bzw. Bildkompetenz aus. Die Konzentration der Übung auf einen eher »stillgelegt[en]« Sinn wie Geschmack, der »sich nur noch bei speziellen Gelegenheiten betätigen [darf]« (Utz 1990: 7), adressiert damit Fähigkeiten und ein Register, die im Vergleich mit dem Sehsinn weniger stark geschlechtlich kodiert sind (vgl. De Lauretis 1984). Etwas Vergleichbares mit der Rollenverteilung zwischen dem männlichen Betrachter und dem weiblichen Blickobjekt ist in Bezug auf den Geschmackssinn nicht zu finden. Doch auch im Kontext von Nahrungsmitteln, ihrer Zu-bereitung und ihrer Aufnahme existieren kulturelle Muster, die Menschen vergeschlechtlichte Positionen zuweisen, solche nämlich, die eng mit Körper- und Schönheitsnormen verkoppelt sind.[3] Die Hinwendung zu Experimenten mit dem Geschmacks- und Tast- wie Berührungssinn[4] hingegen ermöglicht es, bestimmte Besetzungen und fixierte Wahrnehmungsweisen des menschlichen Körpers zu reflektieren und zu relativieren.
Multisensorische Wahrnehmung fördern
Der eigentlich multimodale Wahrnehmungsprozess, der dem Geschmackssinn zugrunde liegt, dient der Identifikation von Dingen und Stoffen, die für die wahrnehmende Person lebenserhaltend oder gefährlich sein können, also der Entscheidung, ob etwas essbar ist oder nicht (vgl. Prescott 2015). Zugleich ist dieser Sinn jedoch stark auf Genuss und Lustgewinn gerichtet (vgl. Kringelbach 2015). Auch in pädagogischen Materialien zur Ernährungs- und Geschmacksbildung wird inzwischen bewusste Ernährung und Genuss angestrebt (vgl. Brüggemann unter Mitarbeit von Braukmann 2019, Engel 2019). Die zugleich differenzierende und körper- wie lebensbejahende Bedeutung, die einem komplexen Vorgang wie dem Schmecken physiologisch, kulturell und sozial zukommt, kann im zweiten Teil der Übung als Ausgangspunkt für die Diskussion eigener Erfahrungen und Eindrücke dienen.
Die Aufgabenstellung, die Geschmackseindrücke, die mit verbundenen Augen aufgenommen wurden, weiterhin ohne zu sehen, in ein Stück Knete oder auf einen Zeichenuntergrund übertragen zu lassen, benötigt den Tastsinn. Somit werden zwei Nahsinne (das Schmecken und das Tasten) unter Ausschluss des Fernsinns des Sehens parallel aktiviert und aufeinander bezogen. Für die entstehende Produktion bedeutet das, dass die visuelle Ansicht und damit auch Kontrolle der entstehenden Form oder Flächengestaltung verunmöglicht werden. Gerade in Bezug auf das Zeichnen entsteht hier eine veränderte Praxis, da die Hände und Finger durch Tasten, Druck, Bewegung und Berührung mit den Zeichenmaterialien umgehen. Auch die Bewertung einer gekonnten Zeichnung, die fast alleine auf visuellen Parametern beruht, wird für den Moment der Produktion ausgesetzt. Der Disability-Forscher Siegfried Saerberg hat für den Kontext Museum darauf verwiesen, dass das »kognitiv-visuelle Regime«, das die Präsentation von Objekten dort prägt, erstens »sinnliche Qualitäten [der ausgestellten Dinge] vernachlässigt«, zweitens eine »Wahrnehmungsberaubung« des »breiten Publikums« mit sich bringt »und drittens ein spezielles Publikum benachteiligt« (Saerberg 2012: 171). Ein ähnliches Regime, d.h. die Bevorzugung des Visuellen und Textuellen im Rahmen von Wissensvermittlung lässt sich auch an Schulen und Hochschulen beobachten. Die Wirkung einer multisensorischen Intervention wie der vorgeschlagenen Übung konterkariert damit sehr wirkmächtige Prinzipien der Distanznahme (vgl. ebd.: 171 ff). Dadurch können im Gruppenkontext noch nicht bekannte Affekte, Eigenschaften und Vorlieben erkennbar werden. Diese Verschiebung und Erweiterung des Wahrnehmungsrepertoires können Verunsicherungen erzeugen, bedürfen also einer achtsamen pädagogischen Begleitung. Sie hat jedoch zugleich das Potenzial, »Begegnungen, die […] vom Schmecken als Kontakt, als Berühren, berührt Werden und berührt Sein [ausgehen]«[5] zu ermöglichen. Deren Ziel ist es, damit für die einzelnen an dieser Übung Beteiligten »soziale [...] Abgrenzung, Getrenntsein oder Distanz« (Alhaag/Guggenbichler 2015) zu überwinden sowie perspektivisch gedacht, »soziohistorische und kulturelle Körper- und Kulturtechniken« (Saerberg 2012: 177) wie »Machtasymmetrien [zu] modifizier[en]« (ebd.: 176).
Vorbereitung
Bei der Vorbereitung der Übung spielt die Zusammenstellung bzw. der Einkauf der Geschmacksproben eine entscheidende Rolle. Als Geschmacksproben sind zum Beispiel nutzbar: Kräuter, Nüsse, Hülsenfrüchte, Früchte, Gemüse. Je nach Zielsetzung der Übung, Geschmacksinteressen und Alter der Teilnehmenden sind außerdem diverse andere Lebensmittel verwendbar: Karamell, Schokolade, Chips, Oliven, Brot u. a.m. Bisher habe ich die Auswahl auf kalte Geschmacksstoffe begrenzt. Auch die Beschaffungskosten der Geschmacksproben beeinflussen die Auswahl. Auch dieser Faktor war für mich, neben veränderten Ernährungsgewohnheiten, ein Grund dafür, bisher auf Fleisch- oder Fischgeschmacksproben zu verzichten.
Wenn möglich, können im Vorfeld der Übung Allergien und Wünsche abgefragt werden; ich habe bisher jedoch, um die Überraschung zu erhalten, erst zu Beginn der Übung danach gefragt. In einem solchen Fall müssen genug Alternativen vorhanden sein, sodass auch Personen mit Allergien oder Unverträglichkeiten mehrere Proben bekommen können.
Ablauf
Dauer: 30 bis 60 Minuten, je nach Experimentier- und Diskussionsfreude der Teilnehmenden.
Teilnehmer*innen: 5 bis 12 Personen ab 16 Jahren.[6]
Im Anschluss an eine Aufwärmrunde, die so aussehen kann, dass jede Person ihren Namen nennt und mit einer charakteristischen Geste verknüpft,[7] wird die Geschmacksübung durchgeführt. Die Aufwärmphase soll es allen Teilnehmenden ermöglichen, sich auf ihr Gegenüber, ihren Körper und ihre Wahrnehmung einzulassen. Anschließend erhält jede Person eine Augenbinde und einen Sitzplatz, an dem ein Glas Wasser steht.
Der*die Übungsleiter*in bewegt sich von einer Person zur nächsten und bietet jeweils einen Löffel oder eine Gabel mit einer Geschmacksprobe an. Dazu steht Material zum Zeichnen oder Kneten bereit. Die Aufgabe jedes*jeder Teilnehmenden besteht darin, sich auf den Geschmack zu konzentrieren und ohne zu sehen eine Übersetzung in Form einer Zeichnung oder eines Knetobjekts herzustellen. Die Teilnehmer*innen entscheiden, wie lange sie mit der jeweiligen Geschmacksprobe verbringen und wann sie sich neues Material bringen lassen. Auch das Zeichen- oder Knetmaterial kann gewechselt werden. Es ist auch möglich, eine bestimmte Dramaturgie der Geschmacksstoffe zu verfolgen (von schwächeren zu stärkeren Geschmackseindrücken zum Beispiel) oder nach einer gewissen Zeit mehrere Geschmacksproben zu kombinieren.
Nach etwa 20 bis 30 Minuten nehmen alle Teilnehmer*innen die Augenbinde ab. Die Produktionen werden auf einem Tisch oder an der Wand präsentiert. Es folgt ein »Galerierundgang« und ein Austausch über die gezeichneten und gekneteten Produktionen, der in Kleingruppen stattfinden oder von der anleitenden Person moderiert werden kann. Für diesen Austausch ist es vorteilhaft, wenn alle Anwesenden sich erst einmal Zeit nehmen, die ausgestellten Objekte anzusehen und eventuell zu berühren. Von dieser Beschäftigung mit den Knetobjekten und Zeichnungen aus kann nach den Erfahrungen und Entscheidungen während der Übung gefragt werden. Vertiefend können besondere geschmackliche Eindrücke thematisiert werden. Diese können, ebenso wie die Beschreibung von haptischen Eindrücken, mit den Knetobjekten oder Zeichnungen in Verbindung gebracht werden. Im Anschluss daran können sowohl Nachfragen nach den Produktionen der anderen Teilnehmer*innen gestellt als auch die eigenen Eindrücke, Assoziationen und Entscheidungen betreffend die eigenen Geschmacksproben und Produktionen beschrieben werden. Bei Bedarf kann der*die Moderator*in Fragen oder Beobachtungen beitragen. Die Diskussion sollte ergebnisoffen geführt werden. Es ist wichtig, auf eine Atmosphäre des Zuhörens zu achten und darauf, dass auch zurückhaltende Teilnehmer*innen Gelegenheit erhalten, sich zu äußern. Das kann auch durch freundliche, direkte Ansprache geschehen. Gleichzeitig sind stille Momente in einer solchen Besprechung erwünscht und als Reflexionszeit sogar notwendig.
Bei der Diskussion der hergestellten Bilder und Knetobjekte geht es einerseits um Geschmackserlebnisse. Andererseits sind die ästhetischen Entscheidungen bei der Übersetzung mit den Händen wichtig und wie in dem Gesamtprozess Bedeutungen oder Irritationen entstehen. Momente des Nichterkennens, also der Verunsicherung der herkömmlichen Geschmacksklassifikation bzw. -zuordnung, sind von besonderem Interesse. Auch Momente von Ekel können den Effekt haben, dass »etwas neu sortiert werden [muss]« (Sturm 2011: 68). Dabei geht es darum, diese nicht als Unfähigkeit oder Fehler zu markieren, sondern als außergewöhnliche Ereignisse, in denen Kategorisierungen sinnlich aufgehoben werden und deren Wirkmacht befragt und alternative Wege des Beschreibens und Verstehens gesucht werden. Die Diskussion kann sich auch auf die Metapher des »guten Geschmacks« und ihre Bedingtheit richten (s. u.).
Exemplarische Zwischenergebnisse
Auf der folgenden Abbildung ist zu sehen, wie der bei längerem Kauen stechende Geschmack von Pfefferminze dargestellt wurde (Abb. 1). Die zweite Abbildung zeigt eine Zeichnung aus Mango-fasern, in der sich das Schmecken und das Zerdrücken des Fruchtfleischs mit Bleistiftstrichen auf der Papieroberfläche verbunden haben (Abb. 2). In beiden Fällen weisen die entstanden Objekte Spuren des händischen Gestaltens auf. Auf der ersten Abbildung ist zu sehen, dass Fingernägel und wahrscheinlich Holzstifte eingesetzt wurden, um die Schärfe der Minze nach längerem Kauen (so der Kommentar eine*r Teilnehmer*in) darzustellen. Für die Produktion auf Abbildung 2 gilt, dass das Umfunktionieren eines Mangostücks in eine pastose Farbe die Zuordnung der Übung, was als Zeichenmaterial und was als Geschmacksprobe gedacht ist, unterläuft. Beide Produktionen können also auch als queering und Transformation[8] des Übungsaufbaus gelesen werden.
Abb. 1: N.N.: Pfefferminz-Geschmack in Knete, 2017. Foto: KontextSchule
Abb. 2: N.N.: Mango-Geschmack als Zeichnung, 2018. Foto: Nanna Lüth
Erweiterte Diskussion:
Geschmack und Urteile,
(queering) den »guten Geschmack«
Von der unter ›Ablauf‹ skizzierten Reflexion der Geschmacks- und Übersetzungserfahrungen lässt sich überleiten zu einer Diskussion über Geschmack in seiner ästhetisch-kulturellen Bedeutung: Gibt es Gründe, warum mir eine der verwendeten Geschmacksproben gut geschmeckt hat oder schlecht? Wie hängen ästhetische Vorlieben, die mir zum Beispiel beim Galerierundgang aufgefallen sind, mit meiner Herkunft, meinem Bildungsweg oder Selbstverständnis zusammen? Gibt es Parallelen zu den Vorstellungen dessen, was jemand der Teilnehmenden als ›gute Kunst‹ ansieht, was von ihr*ihm als ›schön‹ oder als ›hässlich‹ beurteilt wird? (vgl. Erni 2015). Was haben diese ästhetischen Urteile mit den Biografien, Erfahrungen und Einstellungen der Beteiligten zu tun? Und wie lassen sich die in der Diskussion verhandelten Kulturen des Geschmacks dekolonisieren, queeren, durchkreuzen, auseinandernehmen und eigenwillig neu zusammensetzen? (vgl. Gikandi 2011).
[1] ↑ Vgl. Fragner in diesem Band, Seite 232.
[2] ↑In der Folge unterschiedlicher Kritiken an der Whiteness und strukturellen Privilegiertheit von (Akteur*innen der) Queer Theory entstanden alternative Begriffe, die sich an queer anlehnen und sich zugleich davon absetzen, z. B. ›quare‹ als Entscheidung, »die Weisen, auf die lesbische, bi-sexuelle, schwule und transgender Menschen of Colour sexuelles und rassifiziertes Wissen erwerben, [in den Vordergrund zu stellen]. Darüber hinaus erkennen quare studies die unterschiedlichen Standpunkte unter [diesen Menschen] an.« (Johnson 2001: 3, Übers N.L.). Oder ›cuir‹ im Sinne der Bezugnahme auf Theorieproduktionen des globalen Südens bzw. lateinamerikanischer Communities, die einer dekolonisierenden Agenda folgen und zugleich für die Vervielfältigung theoretischer wie praktischer Zugänge zu nonkonformen Lebensweisen eintreten (vgl. Pierce et al. 2021).
[3] ↑Auch diese (Zu-)Ordnungen sollten in der Diskussion berücksichtigt und hinterfragt werden.
[4] ↑ »Der Begriff Haptik beschreibt alle Wahrnehmungen, die über den Tastsinn bei aktiver Bewegung des Körpers entstehen […]. Taktile Wahrnehmung [, der Berührungssinn, Erg. N.L.] bezeichnet hingegen die passive Aufnahme von Umweltreizen, die auf einem ruhenden Körper eintreffen.
Taktil ist berührt werden, haptisch etwas aktiv berühren« (Seng 2017).
[5] ↑ Amal Alhaag und Maria Guggenbichler (2015) im Konzept der Veranstaltungsreihe French Kisses – On Tips of Tongues, and Feeling as Taste. Dieses Vorhaben entstand als Reaktion auf eine Ausschreibung des Kunstvereins district e.V. Berlin zu queering Taste.
[6] ↑ Die Übung wurde bisher mit Erwachsenen erprobt, die meines Wissens über keine Be_hinderungen verfügten. Dabei war es für die praktische Umsetzung und Diskussion vorteilhaft, wenn die Teilnehmer*innen ein Vertrauensverhältnis hatten oder entwickeln konnten. Falls eine zweite Person bei der Verteilung der Materialien unterstützen kann, sind auch größere Gruppen denkbar. Zum ersten Mal wurde sie realisiert im Rahmen der Werkstatt ver_körpern: formen von drag, die ich als Gast mitgestaltet habe (vgl. Website KontextSchule 2017), (siehe Literatur). Im Hinblick auf potenzielle Ausschlüsse für gesellschaftlich behinderte Menschen wäre zukünftig mit diesen gemeinsam zu prüfen, was an der Übung modifiziert werden müsste. Durch eine stärkere Berücksichtigung des Geruchssinns sowie der sogenannten Irritation, d.h. taktiler und haptischer Empfindungen im Mund, ließe sich die Schmeckübung variieren.
[7] ↑ Vgl. das Spiel Aktive Namenskette, in dem jede Person zusätzlich ein eigenes Geräusch macht (Tat/Inanç/Youth Exchange Club Ankara o.J.).
[8] ↑ Kevin West hat über die Bearbeitung und Thematisierung von Lebensmitteln als »Medium für transformative Erfahrung« (West 2017, Übers. N.L.) in aktueller Kunst geschrieben und beides in einen kunsthistorischen Kontext gestellt.
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Bourdieu, Pierre (1982): Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft (i.O. erschienen in Paris 1979). Frankfurt am Main.
Brüggemann, Ingrid, unter Mitarbeit von Melanie Braukmann (2019): Die Methode SinnExperimente. Sehen. Riechen. Hören. Fühlen. Schmecken. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) (Hg.). URL: https://www.ble-medienservice.de/0050/Die-Methode-SinnExperimente-Sehen.-Riechen.-Hoeren.-Fuehlen.-Schmecken [14.09.2022].
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